Auswirkungen der Laufzeitverlängerung für Atomkraftwerke auf realisierte und geplante Investitionen der Stadtwerke Halle GmbH

Gemeinsamer Antrag der SPD-Stadtratsfraktion und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN

Beschlussvorschlag:

Der Stadtrat der Stadt Halle

  1. spricht sich gegen die Beschlüsse der Bundesregierung aus, die Laufzeiten der Atomkraftwerke in Deutschland über die im Atomausstiegsbeschluss vereinbarten Restlaufzeiten hinaus verlängern zu wollen.
  2. appelliert an den Landtag und die Landesregierung, sich nachdrücklich gegen die geplante Verlängerung der Atomkraftwerkslaufzeiten und für den schnellstmöglichen Wandel hin zu einer nachhaltigen, CO2-neutralen und dezentralen Energieversorgung, und somit für die Interessen der regionalen und kommunalen Energieversorger sowie der Anlagenproduzenten im Bundesland, einzusetzen.
  3. legt dabei dem Landtag und der Landesregierung nahe, sich der angekündigten Verfassungsgerichtsklage anderer Bundesländer anzuschließen, um die gebotene Beteiligung des Bundesrats an dem Gesetzgebungsverfahren sicherzustellen.
  4. fordert die Oberbürgermeisterin auf, zur Wahrung der Interessen der Stadtwerke die in die Diskussion gebrachten Instrumente Schadensersatzklage gegen und Entschädigungszahlung durch die Bundesregierung zeitnah im Verbund mit anderen Kommunen und Verbänden zu prüfen.

gez. Johannes Krause
Fraktionsvorsitzender SPD-Stadtratsfraktion

gez. Dietmar Weihrich
Fraktionsvorsitzender BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN

Begründung

Die Stromerzeugung aus Atomenergie ist weder sicher noch nachhaltig – beispielsweise sind die Endlagerung und deren Kosten noch völlig ungeklärt. Der aus ihrer kommerziellen Nutzung resultierende gesellschaftliche Großkonflikt sollte mit dem im Jahr 2000 von der damaligen Bundesregierung verhandelten Ausstiegskompromiss beendet werden.

Doch die Stromproduktion aus abgeschriebenen und durch politische Zugeständnisse günstig zu betreibenden Atomkraftwerken ist offensichtlich für die Betreiberfirmen zu profitabel, als dass sie sich an ihre eigenen Zusagen gebunden fühlen. Und die Bundesregierung fühlte sich offensichtlich den Gewinninteressen dieser Firmen stärker verpflichtet, als den Sicherheitsinteressen der Bevölkerung und dem Aufbau einer langfristig sicheren und CO2-neutralen Energieversorgung.

Kommunalpolitische Bedeutung ersten Ranges erlangt diese Frage durch den Umstand, dass auf der Basis des alten Ausstiegsbeschlusses und aufgrund der notwendigen politischen Bemühungen zur CO2-Reduktion zur Minimierung der Folgen des Klimawandels viele kommunale Energieversorger in den ausgesprochen wünschenswerten und  versorgungssichernden Ausbau umweltfreundlicher, damit zwangsläufig auch dezentralerer, Energieerzeugungsanlagen investiert hatten – darunter auch die Stadtwerke Halle.

Diese lokalen und kommunalen Bestrebungen hätten auf Bundesebene durch den entschiedenen Ausbau eines schwankungstoleranten Leistungsnetzes begleitet werden müssen. Zu Lasten der Allgemeinheit würde der Ausbau einer zukunftsfähigen Energieversorgungsstruktur bis weit in die 2020er Jahre hinein verhindert werden.

Denn der Ausstieg vom Ausstieg bedeutet, dass die Bundesregierung der wenig regelbaren Stromerzeugung durch Großkraftwerke den Vorzug geben will – was direkt zu Lasten der flexibleren Kapazitäten gehen wird, die regionale Stromanbieter mittels erneuerbarer Energien in das Netz einspeisen können. Ihre Investitionen, die für unsere langfristige nachhaltige Energieversorgung absolut wünschenswert sind – der Umbau unserer Energieversorgung kann aufgrund des Klimawandels schließlich gar nicht schnell genug erfolgen – werden nun bestraft, da sich diese Investitionen nun nicht wie geplant rentieren können. Ein weiterer Nachteil erwächst den Kommunen durch die daraus resultierenden Gewerbesteuerausfälle.

Eine Stärkung unseres kommunalen Energieversorgungsunternehmens, die nur im ureigensten Interesse des Stadtrates sein kann, hängt entschieden von derartigen bundespolitischen Weichenstellungen ab. Daher kann der Stadtrat der Stadt Halle in dieser entscheidenden Phase nicht schweigen, sondern muss sich entschieden für die Stadtwerke und den Umweltschutz einsetzen. Sollten alle diese Bestrebungen nicht fruchten, so sind zumindest die von den ersten Verbänden erhobenen Vorschläge zu prüfen, aus kommunaler Sicht die Bundesregierung auf Schadensersatz zu verklagen.

Status

in Beratung