Erhalt Künstlerhaus 188 – Änderungsantrag zur Beschlussvorlage Ausbau Böllberger Weg

Gemeinsamer Änderungsantrag der Fraktionen BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und MitBÜRGER für Halle- NEUES FORUM zur Beschlussvorlage Ausbau Böllberger Weg Nord, 2. BA – Gestaltungsbeschluss – V/2012/11289.

Beschlussvorschlag

Der Beschlussvorschlag wird wie folgt geändert:

  1. Die Vorzugsvariante der Vorplanung zum Ausbau des nördlichen Abschnittes des Böllberger Weges (2. Bauabschnitt) im Bereich Geseniusstraße bis Hafenbahntrasse (Bereiche B südlicher Teil bis E) wird unter dem Vorbehalt der Fördermittelbewilligungen als Grundlage für die weitere Planung bestätigt.
  2. Für den Bereich Knoten Böllberger Weg/Torstraße bis Geseniusstraße (Bereiche A und B nördlicher Teil) ist eine Vorzugsvariante der Vorplanung zum Ausbau zu erarbeiten und dem Stadtrat vorzulegen, die auf jeglichen Abriss denkmalgeschützter Gebäude auf der West- oder Ostseite verzichtet. Als städtebauliche Lösung für den Beginn des Bauabschnitts von der Einmündung der Torstraße bis zum Ende des Geländes Böllberger Weg Nr. 188 (Westseite) beziehungsweise Böllberger Weg Nr. 7 (Ostseite) wird eine der als Anhang vorgeschlagenen Varianten berücksichtigt – vorzugsweise Vorschlag G1.
  3. Als Ausweichquartier für das Künstlerhaus Böllberger Weg 188 werden Teile des ehemaligen Druckereigebäudes (Kleine Märkerstraße 7) des Stadtmuseums bis Herbst 2014 hergerichtet. Zum Umzug und der inhaltlichen Ausgestaltung der zukünftigen Arbeit des Künstlerhauses wird die Verwaltung eine gesonderte Vorlage zur Beschlussfassung vorlegen.
  4. Die Einnahmen aus dem Verkauf der Grundstücke und der Entschädigung des Gebäudewertes werden abzüglich der wieder im Fördergebiet einzusetzenden Fördermittel für die Herrichtung des Ersatzquartieres verwendet.

Begründung

Der Änderungsantrag verfolgt das Ziel, das Stadtbahnprogramm, wie beispielsweise im Lösungsvorschlag der Verwaltung B1, ohne den Abriss der denkmalgeschützten Gebäude Böllberger Weg 1 und 188 umzusetzen. In der Variante zeigt die Verwaltung, dass es eine technische Lösung (mit Hilfe eines Mischverkehrs) gibt, bei der der Erhalt der Baudenkmäler möglich ist. Besonders das Gebäude Böllberger Weg 188 ist ein wichtiges Baudenkmal, welches seinen Denkmalstatus weder zufällig erhalten hat, noch befindet es sich in einem besonders schlechten Erhaltungszustand. Auch in städtebaulicher Hinsicht am Böllberger Weg bietet das Gebäude „Künstlerhaus 188“ eine architektonische Orientierung, über die die anschließenden Häuser in der Straße nicht verfügen. Es wäre ein schlechtes Vorbild für private Bauherren, wenn die öffentliche Hand die mit Fördermitteln sanierte und wiederhergestellte historische Bausubstanz des ehemaligen Weingärten-Schulgebäudes nun wieder abreißen lässt.

Die Stadtverwaltung hat über Monate betont, dass sie dem Stadtrat Varianten zur Entscheidung zur Verfügung stellen werde. Die Reaktionen der Bürgerinnen und Bürger der Stadt Halle (Saale) auf das Vorhaben des Abrisses zeigen, dass es neben der Optimierung der Verkehrsinfrastruktur auch ein öffentliches Interesse am Erhalt der ehemaligen Weingärten- und Schulgebäude gibt. Mit Unterschriftenaktionen haben Bürgerinnen und Bürger ihren Willen bereits kundgetan. Der Änderungsantrag greift sowohl den postulierten Bürgerwillen als auch einen von der Verwaltung erarbeiteten Lösungsvorschlag auf, den es gilt weiter zu entwickeln.

Die ausgearbeiteten Varianten zeigen, dass es unterschiedliche – technisch machbare + finanzierbare – Lösungen gibt. Doch in der seitens der Verwaltung vorgenommenen Abwägung zwischen den Varianten wird nur erkennbar, dass bisher einzig von den Kostenkalkulationen ausgegangen wird.  Die Vorzugsvariante der Verwaltung orientiert sich an der Höhe der Eigenmittel der Kommune, trotz des Wissens, dass damit die teuerste Bauvariante  gewählt wird. Allein für den Ausbau des Teilabschnittes Torstraße – Böllberger Weg 188 (Höhe Geseniusstraße) würden in der Vorzugsvariante B5 der Verwaltung 4,3 Mio. € Kosten erforderlich werden, hingegen in der zu modifizierenden Variante B1 sind derzeit 2,9 Mio. € konzipiert. Ohne den Kauf und Abriss des Gebäudes Böllberger Weg 1 würden diese Kosten vermutlich noch sinken. Nur aufgrund der unterschiedlichen Annahmen zu Fördermitteln, die den Anteil der Beteiligung der Stadt in B5 niedriger erscheinen lässt, wird die insgesamt kostenintensivere Lösung vorgeschlagen. Ist das nicht schon absurd genug, muss man auch noch bedenken, dass die Verwaltung selbst keine verbindlichen Auskünfte zu den Kosten geben kann. In dem Schreiben vom 19. August 2013 verweist Herr Beigeordneter Stäglin explizit darauf, dass der Kostenvergleich für den Teilabschnitt Torstraße bis Geseniusstraße „aufgrund der geringen Detailschärfe der Vorplanungen und den Umständen, dass die Vorplanungen gerade erst im Entwurf fertig gestellt worden ist“ unverbindlich ist und behält sich Änderungen vor. Dieser Entwurfs-Kostenvergleich findet sich jetzt unverändert in der Beschlussvorlage wieder (Anlage 5a) und soll zur Entscheidungsgrundlage werden. Zusätzlich wird in der Beschlussvorlage betont, dass noch keine verbindlichen Aussagen zur Förderhöhe durch das Stadtbahnprogramm gemacht werden können.

Wie aus der laufenden Diskussion zu dem Planungsvorhaben ÖPNV-Sanierung Böllberger Weg im Rahmen des Stadtbahnprogramms 2025 bereits bekannt, divergieren die Anforderungen des Fördermittelgebers und die planerischen Auffassungen an der Teilstrecke Einmündung Torstraße/Gelände des Künstlerhauses 188 zu Beginn des so bezeichneten 2. Bauabschnittes stark. Doch gibt es derzeit keine belastbaren Zusagen zur Förderung. Von daher ist es nicht begründbar, in Bezug auf mögliche Erwartungen zu Förderungen einer teureren Variante den Vorzug zu geben.

Im Gegensatz zur Verwaltung schlagen wir vor, den nötigen städtebaulichen Kompromiss an einer anderen Stelle zu suchen und in diesem konkreten ersten Teilstück einen anderen Ausgleich der vielfältigen Anforderungen aller Verkehrsteilnehmer, seien es Kraftfahrer, ÖPNV-Nutzer, Radfahrer oder Fußgänger als auf der restlichen Strecke des Bauabschnitts anzustreben. Aus diesem Grund wird die Stadtverwaltung beauftragt, für den Teilabschnitt Torstraße bis Geseniusstraße neue Planungen vorzulegen.

Wir schlagen vor, bei der Dimensionierung der Verkehrsanlagen Augenmaß zu bewahren, auf Maximalforderungen zu verzichten und insbesondere den ‚natürlichen‘ Engpass der konkreten Verkehrssituation – das so oder so unumgängliche Anhalten des stadteinwärtigen motorisierten Verkehrs für abbiegende Straßenbahnen durch eine Pförtnerampel – realistisch zu bewerten. Dies würde auch durch gesonderte Bahnkörper in beide ÖPNV-Fahrtrichtungen nicht behoben. Diese in jedem Fall notwendige verkehrliche Lösung würde in unseren Vorschlägen schlicht ein Stück weit nach hinten den Böllberger Weg zurückversetzt.

Weiterhin glauben wir nicht, dass die Verkehrssituation gerichtsfest benutzungspflichtige Radverkehrsanlagen notwendig macht – neuere verkehrsrechtliche Regularien wie die ERA 2010 oder entsprechende Gerichtsurteile lassen da größere Spielräume zu. Womit Kompromisse wie für den Radverkehr freizugebene Gehwege (Zusatzzeichen 1022-10 nach StVO) planerisch in den Vordergrund zu rücken sind und Gestaltungsspielräume eröffnen.

Konkrete Varianten, deren umfangreiche Prüfung wir der Stadtverwaltung nachhaltig ans Herz legen wollen, schlagen wir in den Anhängen vor. Angesichts einer vorgeschlagenen Terminkette, die mit einem Baubeginn in diesem Streckenabschnitt erst in 2015 ausgeht, sollte genügend zeitlicher Spielraum für eine Umplanung vorhanden sein.

Entsprechend schlagen wir ebenfalls vor, auch bei den Finanzierungsmöglichkeiten auf ein unproduktives Entweder-oder zu verzichten. Das Stadtbahnprogramm kennt bereits zwei Bauabschnitte (Torstraße und Nördliche Große Ulrichstraße) die aufgrund ihrer jeweiligen  baulichen Inkompatibilität für gesonderte Bahnkörper nicht direkt über Fördermittel des Bundes nach GVFG saniert wurden, sondern über Fördermittel des Landes und Mittel der städtischen Vorhabenträger. Diesen Lösungsweg schlagen wir auch für die ersten knapp 100 m des Böllberger Wegs vor (bis zum Ende des Geländes der Nr. 188 auf der Westseite; entspricht circa dem Wechsel zwischen Nr. 6 und Nr. 7 auf der Ostseite). Sollte hier ein Kompromiss mit dem Fördermittelgeber Bund nicht möglich sein, so müsste dieser Abschnitt eben aus der Antragstellung nach GVFG herausgenommen werden und eigenständig – zur Not auch mit einer städtischen Finanzbeteiligung – umgebaut werden. Dieser eventuelle finanzielle Aufwand für die Stadtkasse würde sich zudem um die zu erwartenden Kosten der Folgen des Abrisses des Künstlerhauses 188, die notwendigen Umzüge und Umquartierungen reduzieren. Die Stadtverwaltung gesteht in ihrer Sachdarstellung selbst zu, dass Folgekosten einer Abrissentscheidung zukünftig den städtischen Haushalt belasten würden. Die grundsätzliche Möglichkeit eines solchen Vorgehens und denkbare Fördermöglichkeiten jenseits des GVFG hat die Stadtverwaltung „Kostenvergleich für den Bauabschnitt von Torstraße bis Geseniusstraße“ (Anlage 5a) implizit bestätigt, wenngleich nicht empfohlen.

 

Anlagen:

Anlagen 1-5 zu Änderungsantrag V_2013_12092