Herbeiführung eines Bürgerentscheids über das Vorhaben Umgestaltung Hufeisensee-Areal

Beschlussvorschlag

  1. Der Stadtrat beschließt, die endgültige Umsetzung des Vorhabens zur Umgestaltung des Hufeisensee-Areals und zur Errichtung von Golfplatz und Wassersportanlagen mittels eines Bürgerentscheids nach § 26 der Gemeindeordnung des Landes Sachsen-Anhalt durch die Bürgerinnen und Bürger der Stadt Halle (Saale) abstimmen zu lassen.
  2. Der Bürgerentscheid wird aus Kostengründen gleichzeitig mit der Kommunalwahl 2014 durchgeführt.
  3. Folgende Frage wird zur Abstimmung gestellt:
    „Soll die Stadt Halle (Saale) die Flächen am bisher frei zugänglichen Hufeisensee privaten Dritten zur Verfügung stellen (verkaufen, verpachten oder überlassen), damit diese dort kommerziell einen Golfplatz und Wassersportanlagen errichten können?“

Begründung

Seitdem die Stadtverwaltung Halle 2012 die Pläne zur Erschließung des Hufeisensee-Areals zur Umsetzung des Golfplatz-Ansiedlungswunsches eines Privatinvestors bekannt gemacht hat, sind diese Pläne hoch umstritten. Dennoch stimmte eine Stadtratsmehrheit der formalen Eröffnung der notwendigen Bauleitplanungsverfahren zu; sicher auch, weil die Stadtverwaltung in Person des zuständigen Beigeordneten eine Offenheit der Debatte und Planung beteuerte. Auch Bürgerinnen und Bürger sollten einbezogen werden. Doch diese Offenheit ist im Ergebnis der inzwischen dem Stadtrat vorgelegten Änderungsvorschläge zur Flächennutzungs- und Bebauungsplan bislang nicht zu spüren. Bei der Zielfestlegung für den Golfplatz gab es keine erkennbaren Veränderungen. Nur die konkrete Lage im zu beplanenden Gelände verschob sich leicht. Hinzugekommen ist, dass nun zusätzlich zum bisherigen Umfang des Projekts eine Wakeboardanlage und weitere Bauten mit hohem Platzbedarf im Hufeisenseeareal realisiert werden soll. Auf diese vorab feststehenden Ziele wurde hin geplant. Eine offene Diskussion in der städtischen Öffentlichkeit fand nicht statt. Die Stadtverwaltung verweist nun darauf, dass im formalen Aufstellungsverfahren eine sogenannte „frühzeitige“ formale Bürgerbeteiligung durchgeführt wurde, die eine große Bandbreite von Meinungen zum Tragen gebracht habe. Nicht erwähnt wird allerdings, dass sich in den vorgelegten Planungsunterlagen keine der kritischen Stellungnahmen niederschlagen hat.

Wir schlagen daher vor, das Vorhaben der Umgestaltung des Hufeisenseeareals den Bürgerinnen und Bürgern der Stadt Halle in Form eines Bürgerentscheids zur Abstimmung vorzulegen. Hierfür sprechen aus unserer Sicht folgende Umstände:

  • Mit den Planungen zum Hufeisensee soll ein zentraler Bereich der bisherigen Freizeitgestaltung der Hallenserinnen und Hallenser einer völligen Umgestaltung unterzogen werden. Die Umweltberichte für Flächennutzungsplanänderung und Bebauungsplan belegen, dass sich – trotz der Freizeitnutzung – eine beträchtliche ökologische Vielfalt auf dem Gelände entwickelt hat. Dabei ist insbesondere auch der sogenannte Bereich der „Innenkippe“, der durch die Wakeboardanlage großflächig umgestaltet werden soll, hervorzuheben. Es sollte den Bürgerinnen und Bürgern zur Entscheidung überlassen werden, ob sie städtische Natur lieber direkt oder doch eher „geordnet“ erfahren möchten.
  • Eine Information in der breiten Bevölkerung zu Umfang und Auswirkungen des Vorhabens hat bislang nicht stattgefunden. Das formale Beteiligungsverfahren hat die erhebliche Informationsasymmetrie zwischen Stadtverwaltung, Stadtrat und den Bürgerinnen und Bürgern zum Vorhaben nicht berücksichtigt. Trotz erster Presseberichte hat eine Willensbildung in der städtischen Öffentlichkeit nicht stattgefunden. Eine breite Diskussion, nachdem die formalen Beschlüsse längst gefällt worden sind, wird dazu führen, dass die Stadt darauf verweisen muss, dass man sich im bislang durchgeführten formalen Verfahren hätte einbringen können. Doch die Erfahrung zeigt, dass Bürgerinnen und Bürger oft aufgrund mangelnder Information genau dies nicht tun. In jeder Hinsicht herausragende Beispiele, welche Folgen dies nach sich ziehen kann sind in Halle die jahrelange Verzögerung des Bauvorhabens 4. Bauabschnitt Haupterschließungsstraße Ost oder die heftigen Proteste gegen das Umbauvorhaben des ehemaligen Regierungspräsidiums im Paulusviertel.
  • Eine tatsächliche Bürgerbeteiligung fand damit nicht statt. Dies wird besonders deutlich, wenn man den Beteiligungsprozess für den Umbau des Steintorareals mit der Verfahrensweise zum Hufeisensee vergleicht. Es dürfte keine zu verwegene Interpretation sein, dass sich beispielsweise noch kaum jemand die konkreten Auswirkungen der künstlichen Wasserrinne und der vielen Nebenanlagen für die Wakeboardanlage vorstellen kann. Aus diesen Erfahrungen sollte die städtische Politik die Schlussfolgerung ziehen, auf Augenhöhe mit den Bürgerinnen und Bürgern zu kommunizieren, statt nur auf der rein formalen Ebene der Bauleitplanung, die völlig an der Lebensrealität der Bürgerinnen und Bürger vorbeigeht, zu beharren. Der Stadtrat kann diese Diskrepanz mit gutem Willen ein Stück weit auflösen.

Zwar ist es aus rechtlichen Gründen nicht möglich, den Bebauungsplan zum Gegenstand eines Bürgerentscheids zu machen. Der Bebauungsplan selbst wird voraussichtlich zeitnah vom Stadtrat beschlossen werden (Satzungsbeschluss). Das mit dem Bebauungsplan entstehende Baurecht nützt jedoch nichts, wenn die Vorhabenträger nicht auch die gewünschten Flächen von der Stadt zur Verfügung gestellt bekommen. Über diese Frage kann bei entsprechender Auslegung nach § 26 Gemeindeordnung Sachsen-Anhalt und § 13 Hauptsatzung der Stadt Halle ein Bürgerentscheid herbeigeführt werden. Zur Reduzierung der Kosten für den Bürgerentscheid könnte dieser gleichzeitig mit der Kommunalwahl 2014 durchgeführt werden.

Bis zur Entscheidung des Stadtrats über die Durchführung eines Bürgerentscheids sollte die Stadtverwaltung keine weiteren Tatsachen in Sachen Hufeisensee schaffen.