Stadtrats-Telegramm 01/2020

Liebe Freundinnen und Freunde, liebe Interessierte,

herzlich willkommen zu unserem kurzen Einblick in die letzte Stadtratssitzung! Wir wollen Euch mit diesem ‚Telegramm‘ über grüne Inhalte, Positionen und Interessantes aus der Ratssitzung informieren. Fettgedruckt sind die inhaltlichen Themen, so dass ihr bei Interesse einfach direkt springen könnt. Lasst uns gern per Mail oder Facebook wissen, wie ihr das neue Format findet und was wir verbessern können.

Klimaschutzkonzept

Mehrere Klimaschutzaktivist*innen stellten sehr gezielte und konkrete Nachfragen zum Klimaschutzkonzept und machten damit deutlich, dass das von der Stadt vorgelegte Klimaschutzkonzept den heutigen Ansprüchen und Notwendigkeiten an Klimaschutz und Klimaanpassung nicht mehr genügt – eine spannende und kluge Strategie, nicht nur öffentlich zu demonstrieren, sondern auch direkt im Stadtrat darauf aufmerksam zu machen – Daumen hoch! Das Konzept selbst wurde dann in der Sitzung vertagt. Unsere Fragen und unser Änderungsantrag werden dann im nächsten Ausschuss für Klimaschutz, Umwelt und Ordnung (AKUO) behandelt, vermutlich in seiner Sitzung im März.

Stadtratssitzung

Die Tagesordnung der gesamten Sitzung und unsere Initiativen und Anfragen findet Ihr im Ratsinformationssystem. Wer die Sitzung noch einmal nachverfolgen möchte, findet bei YouTube einen Mitschnitt!

Konsolidierungskonzept

Beim Konsolidierungskonzept der Stadt Halle geht es um Liquiditätskredite (das ist so eine Art Dispo für die Stadt). Die haben derzeit eine Höhe von rund 400 Mio. EUR und die Kommunalaufsicht hat uns die Auflage erteilt, 200 Mio. EUR davon abzubauen. Unsere inhaltliche Kritik: das Papier benennt keine konkreten Maßnahmen und Instrumente für Einsparungen, sondern sagt nur, dass ab dem Jahr 2021 pro Jahr 8 Mio. EUR einzusparen sind. Wir befürchten, dass das vom Oberbürgermeister vorgelegte Konzept eben wegen der fehlenden konkreten Maßnahmen nicht vom Landesverwaltungsamt (LVwA) genehmigt wird. Das wiederum würde bedeuten, dass auch der für dieses Jahr vorgelegte Haushalt 2020 nicht vom LVwA genehmigt wird. Wir hätten dann vorerst keinen Haushalt und die Stadt würde Geld nur im Rahmen einer vorläufigen Haushaltsführung ausgeben dürfen. Die Konseqenzen: Ausgaben sind nur zulässig bei rechtlicher Verpflichtung oder zur Fortsetzung einer laufenden Maßnahme. Insbesondere freiwillige Leistungen, wie zum Beispiel die Förderung von Sport und Kultur, wären dann nur noch stark eingeschränkt möglich.

Wir haben deshalb gemeinsam mit den Fraktionen DIE LINKE, MitBürger & Die PARTEI, SPD und Freie Demokraten einen Änderungsantrag eingereicht, der einerseits fordert, dass der Oberbürgermeister mit dem Land Gespräche führt, um Möglichkeiten auszuloten, die hohen Schulden z.T. über vom Bund aufgelegte Maßnahmen zur Übernahme kommunaler Schulden teilzutilgen und mit dem Land ins Gespräch zu kommen, um bessere Konditionen für die Schuldenbewirtschaftung zu erreichen.

Hierzu gab es im Stadtrat eine intensive Diskussion an dessen Ende der Oberbürgermeister unseren Antrag weitgehend übernahm und der Beschluss in der Abstimmung auch eine Mehrheit fand.

Unser Fazit: Die Stadt Halle ist leider, wie viele deutsche Kommunen, hoch verschuldet. Dies schränkt unsere politischen Handlungsspielräume extrem ein. Mit dem jetzt verabschiedeten Änderungsantrag kommen wir einerseits dem LVwA entgegen, dass für die Genehmigung des Haushalts 2020 ein Konsolidierungskonzept voraussetzt, andererseits geben wir dem Oberbürgermeister nochmal den expliziten Auftrag, sich bei Bund und Land nach weiteren Finanzierungs-, Umschuldungs- und Tilgungsmöglichkeiten umzusehen.

Haushaltsatzung und -planung für das Haushaltsjahr 2020

In ihrer Haushaltsrede stellte unsere Fraktionsvorsitzende Inès Brock klar, dass bereits im letzten Haushaltsjahr der Änderungsantrag der Fraktionen keinerlei Umsetzung durch die Verwaltung erfahren hat, obwohl Geld dafür dagewesen wäre.

Sie kritisierte zudem, den diesjährigen Prozess der Haushaltsberatungen. Der Haushalt (immerhin über 1000 Seiten Lektüre) wurde erst im November von der Stadtverwaltung zur Beratung vorgelegt, viel zu spät für eine konstruktive Beratung und einen Beschluss im Dezember (eine Präsentation zur Rede findet Ihr hier)

Unsere politischen Schwerpunkte im Änderungsantrag zum Haushalt 2020 sind:

  1. Investitionen in Klimaschutz und Klimawandelfolgen-Minderung (d.h. Pflanzung zusätzlicher Bäume, Beseitigung von Dürreschäden, Aufwertung, Schutz und Pflege unseres Stadtgrüns, Förderung privater Begrünung und Entsiegelung, Pilotprojekt Lastenfahrräder, mehr Personal für Grünflächen im Fachbereich Umwelt)
  2. Mobilitätswende – Priorität für ÖPNV, Radverkehr und Fußgänger
  3. Förderung und Unterstützung für Familien
  4. mehr Unterstützung für Menschen mit besonderen Bedarfen
  5. Qualität in Schulen sichern und stärken (Schulsozialarbeit, Sekretariate)

Der gemeinsame Antrag der Fraktionen DIE LINKE, SPD, Mitbürger & Die PARTEI, Freie Demokraten und uns wurde angenommen und damit konnten wir die schlimmsten Kürzungen im Haushalt für 2020 verhindern und wichtige Projekte erhalten und fördern.

Unser Änderungsantrag, die Gelder für die Erstellung eines Mietpreisspiegel zu streichen, stieß dagegen leider auf Ablehnung. Grundsätzlich wäre eine stadtweite Vergleichsmiete (vulgo: Mietspiegel) ein geeignetes Instrument, Mietsteigerungen im Zaum zu halten. Nach aktueller Gesetzeslage werden allerdings nur neu geschlossene oder geänderte Mietverträge der letzten sechs Jahre berücksichtigt. Zum jetzigen Zeitpunkt wäre der Mietspiegel daher vor allem ein Instrument für Mietpreiserhöhungen und dies in allen Teilen der Stadt.

In einem weiteren Änderungsantrag haben wir die Streichung von Mitteln für Planungen einer neue Saalebrücke für den PKW-Verkehr in Trotha/Kröllwitz und die Verwendung dieser Gelder für die Erstellung eines Fahrradstraßenkonzeptes für Halle  vorgeschlagen. LINK Auch dieser Vorschlag wurde leider mehrheitlich abgelehnt.

Politische Stimmung

Trotz des aus unserer Sicht insgesamt erfreulichen Ausgangs der Haushaltsdebatte ist die aktuelle Debattenkultur im Stadtrat gelinde gesagt schwierig. Die Fronten zwischen dem Oberbürgermeister und der Mehrheit der Fraktionen sind in vielen Punkten verhärtet.

Unser Eintreten für eine nachhaltige Stadt, die mittel- und langfristig klimaneutral werden soll, wird sowohl vom OB als auch von anderen Fraktionen als „investorenfeindlich“ denunziert. Wir setzen uns sehr wohl gegen Flächenversieglung, Baumfällungen ein und machen uns für eine verträgliche Verdichtung in der Stadt statt in stadtnahen Randgebieten stark, weil die letzten Jahrzehnte gezeigt haben, dass investieren auf Teufel komm raus keine Lösung ist, sondern das eigentliche Problem. Leider sind wir aktuell die einzige Fraktion, die das auch konsequent im Stadtrat vertritt. Aber Ihr habt uns als Klimaschutzpartei gewählt und wir werden nicht nur an dieser Stelle dabeibleiben.