Stadtratstelegramm 06/2024 (Juni)

Liebe Freund*innen,

kurz vor den Sommerferien, am 19. Juni 2024 tritt der Stadtrat zu seiner letzten Sitzung dieser Wahlperiode zusammen. Auch wenn die Kommunalwahl bereits hinter uns liegt, stehen noch einige wichtige Beschlüsse auf der Tagesordnung, für die der „alte Stadtrat“ entscheidet. Wir fassen die wichtigsten Debatten und Inhalte in unserem Stadtratstelegramm zusammen. Aus unserer Sicht waren das diesmal:

  • Entscheidung über die Satzung über die Erhebung eines Gästebeitrages in der Stadt Halle (Saale) (Gästebeitragssatzung) oder alternativ die Satzung über die Erhebung einer Beherbergungssteuer in der Stadt Halle (Saale) (Beherbergungssteuersatzung) (VII/2024/07159)
  • Genehmigung von überplanmäßigen Aufwendungen im Ergebnishaushalt und überplanmäßigen Auszahlungen im Finanzhaushalt für das Haushaltsjahr 2024 im Geschäftsbereich des Oberbürgermeisters für das Laternenfest (VII/2024/07246)
  • Genehmigung einer außerplanmäßigen Verpflichungsermächtigung für den Verkehrsknoten Ernst-Grube-Str./Weinbergweg im Finanzhaushalt für das Haushaltsjahr 2024 im FB Mobilität (VII/2024/07307)
  • Variantenbeschluss – Kooperative Gesamtschule „Ulrich von Hutten“, Schulstandort in der Roßbachstraße 78, 06112 Halle (Saale) (VII/2024/07032)
  • Satzung über Kostenbeiträge für die Nutzung der Kindertageseinrichtungen und Kindertagespflegestellen in der Stadt Halle (Saale) (VII/2024/06783)
  • Aufhebung des Stadtratsbeschlusses vom 24.04.2024 zur Auslagerung der Grundschule Otfried Preußler an einen anderen Standort (VII/2024/07312)

Stadtrat beschließt Beherbergungssteuer

Fast genau vor einem Jahr stimmte der Stadtrat unserem Antrag zu, einen Gästebeitrag einzuführen. Die Einnahmen daraus sollten für den Ausbau der touristischen Infrastruktur genutzt werden. Gleichzeitig war uns wichtig, auch die Einnahmesituation der Stadt zu verbessern, denn Halle muss in den kommenden Jahren seinen Haushalt konsolidieren. Mehreinnahmen schaffen hier den notwendigen Spielraum, den wir brauchen, um trotz schwieriger finanzieller Verhältnisse auch investieren und reparieren zu können.

Die Stadtverwaltung legte nun dem Stadtrat nach gut einem Jahr der Ausarbeitung zwei alternative Vorschläge vor, wie man einen solchen Gästebeitrag technisch umsetzen kann. Variante 1 schlägt die Einführung eines Gästebeitrags vor, dessen Höhe sich in einem kompliziertem Rechenverfahren an den tatsächlichen Aufwendungen für touristische Infrastruktur orientiert. Vorteil dieses Vorgehens ist, dass die Einnahmen tatsächlich nur für diesen Zweck verwendet werden. Dass der Betrag immer wieder neu berechnet werden muss, stellt sich als ein wichtiger Nachteil dar, denn deshalb wird er von Jahr zu Jahr in Abhängigkeit von den tatsächlichen Ausgaben für touristische Infrastruktur schwanken. Außerdem orientiert er sich als fester Betrag auch nicht an den tatsächlichen Übernachtungskosten: Wer teuer übernachtet zahlt den gleichen Betrag, wie ein*e Besucher*in in einer Jugendherberge.

Alternativ hat sich der Stadtrat für die Einführung einer Beherbergungssteuer entschieden. Das bedeutet, es wird eine Steuer in Höhe 4% des Bruttoübernachtungspreises geben, den jede*r Besucher*in zahlen wird. Ausgenommen von der Steuer sind Minderjährige, Schwerbehinderte sowie deren Begleitung und Auszubildende, die das 27. Lebensjahr noch nicht vollendet haben und wegen ihrer Ausbildung hier in Halle übernachten. Nachteil der Steuervariante ist allerdings, dass die eingenommenen Gelder in den allgemeinen Haushalt fließen. Deshalb muss der Stadtrat künftig darauf achten, dass die touristische Infrastruktur auch tatsächlich von diesen Einnahmen profitiert. Leider konnte die Stadtverwaltung bis zum Beschluss keine konkreten Prognosen vorlegen, wie hoch genau die Einnahmen sein werden. Wir haben für die Steuer gestimmt und freuen uns darüber, dass eines unserer Projekte der aktuellen Wahlperiode nun endlich umgesetzt wird.

Laternenfest wird deutlich teurer

In der Presse wurde ja bereits darüber berichtet, dass die Kosten für das Laternenfest um 740.000 EUR höher ausfallen, als bisher geplant. Diesen Mehrkosten muss der Stadtrat selbstverständlich zustimmen. Wir fühlen uns wieder einmal überrumpelt, denn wie so oft findet die Stadtverwaltung irgendwo Geld, dass sie nicht oder noch nicht braucht und das nun für das Laternenfest ausgegeben werden kann. Wie schwer ist das hingegen immer, wenn es um andere Projekte zum Beispiel aus dem Sozialbereich geht. Wir möchten an dieser Stelle nicht falsch verstanden werden: das Laternenfest ist ein wichtiges und schönes Ereignis für die Bürger*innen unserer Stadt und für ihre Gäste. Trotzdem denken wir, dass wir künftig stärker auf den Kostenrahmen achten müssen. Hinzu kommt, dass das Geld bereits im Rahmen von verschiedenen Vergaben faktisch ausgegeben ist, wir also keine Wahl hatten, als der Vorlage der Verwaltung zuzustimmen. Wir erwarten allerdings im Gegenzug, dass die Stadtverwaltung realistischere Ansätze für die Kosten des Laternenfestes in den Haushalt schreibt, damit allen klar ist, was der Spaß kosten soll und wir vor solchen Überraschungen wie dieser künftig besser gefeit sind. Im Nachgang der Sitzung hat die Stadtverwaltung dann eine Haushaltssperre verhängt und dies vor allem mit der Ablehnung der Erhöhung der Kitagebühren (siehe unten) begründet. Aus unserer Sicht sieht es mal wieder so aus, als würde die Stadtverwaltung bei der Finanzierung von Maßnahmen eine ganz eigene Agenda haben, auf der die Beschlüsse und Anregungen des Stadtrates ganz, ganz hinten stehen.

Ärger um einen Verkehrsknoten

Das Uniklinikum in Kröllwitz soll saniert und erweitert werden. Unter anderem sind größere Gebäude für die Ausbildung der Mediziner*innen geplant. Das alles wird auch zu einem größeren Verkehrsaufkommen im Umfeld der Klinik führen und deshalb will die Stadtverwaltung für den Ausbau des Verkehrsknotens Ernst-Grube-Straße/Weinbergweg Fördermittel der Europäischen Union beantragen. Aus Zeitgründen wurde der Beschluss allerdings nicht in den zuständigen Fachausschüssen vorberaten. Unser Stadtrat Christian Feigl hat die Stadtverwaltung dafür kritisiert. Denn eine weitere Konsequenz ist, dass die Fördermitteltöpfe begrenzt sind und uns vielleicht dann an anderer Stelle das Geld fehlt. Die Stadtverwaltung setzt den Stadtrat so ziemlich unter Druck, denn einerseits wird sich der Ausbau nicht vermeiden lassen, andererseits brauchen wir dafür Fördermittel, weil wir selbst nicht genügend Geld haben. Was man allerdings bei diesem Projekt nicht vergessen darf: das Verkehrsaufkommen steigt aufgrund von Vorhaben des Landes und eigentlich müsste sich das Land an dieser Stelle auch stärker finanziell engagieren. Wir haben mit ziemlichen Bauchschmerzen der Vorlage der Verwaltung zugestimmt.

Kooperative Gesamtschule soll Erweiterungsbau bekommen

Die Kooperative Gesamtschule „Ulrich von Hutten“ bekommt an ihrem Hauptstandort in der Roßbachstraße einen Erweiterungsbau. Hierzu fasste der Stadtrat einen Variantenbeschluss. Den Bedarf hat die Stadtverwaltung nachvollziehbar nachgewiesen. Diskussionen gab es noch um zwei Varianten. Die Schulleitung hatte hier einen anderen Favoriten als die Stadtverwaltung und der Stadtrat ist am Ende den Wünschen der Schule gefolgt, auch wenn das am Ende Mehrkosten in Höhe von rund 400.000 EUR bedeutet. Insgesamt wird der Anbau 9,5 Mio. EUR kosten. Im Detail geht es auch noch um die räumliche Anordnung, die noch so verändert werden könnte, dass einige der zu fällenden Bäume erhalten werden können. Hier hat die Verwaltung zugesagt, alternative Lösungen zu prüfen. Wir haben dem Beschluss zugstimmt und sind gespannt, was diese Prüfung ergeben wird.

Stadtrat lehnt erneut Erhöhung der Kitagebühren ab

Leider geht die Diskussion um die Erhöhung der Kitagebühren in eine neue Runde. Die Stadtverwaltung sieht das mit dem Haushalt beschlossene Konsolidierungskonzept gefährdet und hat deswegen erneut einen Beschlussvorschlag eingebracht, die Gebühren zu erhöhen. Denn Qualität in unseren Kitas und Horten gibt es nicht umsonst. Zum Beispiel sind die Personalkosten wegen der notwendigen und auch nachvollziehbaren Tariferhöhungen für die Beschäftigten in den letzten Jahren stark gestiegen. Die Diskussion ist ja nicht neu, wir hatten uns dazu bereits in einem früheren Stadtratstelegramm positioniert. Moderate Erhöhung halten auch wir mit Blick auf die Kostensteigerungen und die Haushaltskonsolidierung für notwendig, auch vor dem Hintergrund, dass es Ausnahmeregelungen für Geschwister und finanziell weniger leistungsfähige Familien gibt.

Zum Vorschlag der Stadtverwaltung gab es einen Änderungsantrag der Fraktion MitBürger, dessen Hauptinhalt eine zeitliche Staffelung der Erhöhung war. Diesen hat die Stadtverwaltung in der Sitzung übernommen. Das bedeutet, dass sich Mehreinnahmen aus diesem Beschluss zeitlich nach hinten verschieben. Allerdings stimmte trotzdem eine Mehrheit gegen den so geänderten Beschluss. Umso überraschter waren wir, als Bürgermeister Geier am Donnerstag nach der Sitzung die Verhängung einer Haushaltssperre auch mit der Ablehnung des geänderten Beschlusses begründete, obwohl sich daraus auch bei einer Zustimmung im Stadtrat keine Mehreinnahmen im aktuellen Jahr ergeben hätten. Zumindest dieser Teil der Begründung der Haushaltssperre klingt für uns daher vorgeschoben. Es obliegt nun dem neuen Stadtrat, gemeinsam mit der Stadtverwaltung eine Lösung für das Problem zu finden.

Ausweichquartier für Grundschule Ottfried Preußler weiterhin umstritten

Auch die schwierige Diskussion um die Sanierung der Grundschule Ottfried Preußler geht in eine neue Runde. Die Stadtverwaltung wollte per Beschluss einen Antrag der Fraktion DIE LINKE aufheben lassen, der entweder eine Containerlösung in der Nähe der Schule vorsah oder aber wenigstens ausreichend Sitzplätze in den Bussen forderte, mit denen die Kinder aus Halle-Neustadt in den Ausweichstandort gebracht werden sollen. Der Stadtrat hat diesen Aufhebungsbeschluss abgelehnt und wenig später einem Antrag der Fraktion DIE LINKE zugestimmt, Container für die Grundschule zu beschaffen. Im Moment ist leider nicht abzusehen, wie die Stadtverwaltung damit umgeht. Wir befürchten, dass nun der Plan so umgesetzt wird, wie ihn die Stadt vorsieht, denn weder für Container noch für mehr Busse haben wir Geld und die Sanierung der Grundschule ist wichtig und muss zeitnah angegangen werden, weil die dafür verwendeten Fördermittel zeitnah verbraucht werden müssen. Eine wirklich schwierige Situation, die den Stadtrat weiter beschäftigen wird.

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Alle weiteren Themen könnt Ihr wie immer im Ratsinformationssystem nachlesen. Die Sitzung endete bereits um 19.11 Uhr und gehörte damit zu den eher kürzeren. Ein Video der Sitzung gibt es wie immer auf YouTube. Die nächste Sitzung, dann mit den neu gewählten Stadträt*innen findet am 03.07.2024 statt.


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