Bau eines städtebaulich und wissenschaftspolitisch markanten geistes- und sozialwissenschaftlichen Zentrums für die Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg

Der Stadtrat der Stadt Halle fordert die Landesregierung auf, dem Bau des geistes- und sozialwissenschaftlichen Zentrums der Martin-Luther-Universität (GSZ) auf dem Gelände der ehemaligen landwirtschaftlichen Fakultät nicht die vielfältige denkmalgeschützte Bebauung des Areals zu opfern.

Vielmehr bittet der Stadtrat die Landesregierung, sich in der Abwägung kurzfristiger Kostensteigerungen und langfristiger Folgen und Effekte des GSZ für die Entwicklung der Stadt Halle, der Martin-Luther-Universität und des Bundeslandes für die bisher geplante, architektonisch anspruchsvollere und wissenschaftlich optimalere Lösung zu entscheiden. Dazu könnte als Kompromissvorschlag mit den vorhandenen Mitteln der Bau begonnen und so weit wie möglich vorangetrieben werden, um die Fertigstellung dann später in einem zweiten Bauabschnitt zu vollenden.

Begründung

So begrüßenswert der absehbare Baubeginn und das Ende des jahrelangen Ringens um das geistes- und sozialwissenschaftliche Zentrum der Martin-Luther-Universität sein mögen, so erschreckend sind die jüngst bekannt gewordenen Pläne des Landes, auf die prognostizierten Baukostensteigerungen mit einer radikalen Veränderung der bisherigen Planungen zu reagieren.

Offensichtlich geht das Land nach den Ende August kommunizierten neuen Planungen davon aus, die Fördermittelfrist nur noch einhalten zu können, wenn der weitaus größte Teils der denkmalgeschützten Gebäude der ehemaligen landwirtschaftlichen Fakultät abgerissen wird, was den einmaligen Charakter dieses universitätsgeschichtlich so bedeutsamen Areals unwiderruflich zerstören würde. Weiterhin soll der zentrale Bibliotheksbau deutlich verkleinert werden. Die 7 Millionen Euro Mehrkosten für die bisher betriebene, deutlich optimalere Lösung, will man der Stadt und der Universität offensichtlich nicht zugestehen.

Dies ist umso fataler, als dass es sich bei dem so lange verzögerten Bau des GSZ um das möglicherweise auf lange Zeit letzte große Bauvorhaben der Universität und in der Innenstadt handelt. Es kann den Stadtrat daher nicht unberührt lassen, dass ein derartig zentrales Areal in der Innenstadt verschandelt wird. Sowohl, weil das reichhaltige architektonische Erbe im Allgemeinen und dieses Prachtstück der Universitätsgeschichte im Besonderen eines der großen Pfunde sind, mit dem unsere Stadt für sich werben kann. Aber auch, weil insbesondere am Universitätsplatz-Campus demonstriert wurde, wie geschickt alte Bausubstanz und zeitgemäße architektonische Lösungen zu einem neuen Ganzen verschränkt werden können. Eine derartige Lösung hat das sowohl denkmalschützerisch-architektonisch als auch stadt- und universitätshistorisch bedeutsame Kerngebiet der Universität ebenso verdient.

An diesem – für die Entwicklung von Stadt und Land so zentralen – Projekt aufgrund vergleichsweise geringer Mehrkosten all das einsparen zu wollen, was das Besondere des GSZ ausmachen würde, wäre ausgesprochen kurzsichtig. Geradezu absurd wirkt insbesondere die Ankündigung und Begründung einer 20-prozentigen Flächenreduzierung für den zentralen Bibliotheksbau – stellt doch gerade dieses Einzelvorhaben den zentralen Bestandteil des Gesamtensembles dar und wäre singulär für die Verbesserung von Arbeits- und Studienbedingungen verantwortlich. Hier zu sparen hieße, die Weiterentwicklung der Universität absichtlich zu behindern. Sachsen-Anhalt muss angesichts Abwanderung und absehbarem Fachkräftemangels alles tun, um junge Leute ins Land zu holen. Bei den zentralsten Bildungseinrichtungen zu sparen, kann dabei nicht der richtige Weg sein.

Daher schlagen wir zur Stärkung der Universität und zur Rettung des Geländes folgenden Kompromiss vor: Man könnte mit den vorhandenen Mitteln, und basierend auf den bisherigen Planungen, so viel wie möglich und so weit wie möglich in einem ersten Bauabschnitt realisieren, dabei aber auf unnötige Abrisse verzichten und in einem zweiten Schritt nach einer zweiten Finanzierungsrunde den Rest ausbauen. Mit dem klaren Ziel, den ursprünglichen Projektumfang anzustreben und diesen universitätsgeschichtlichen Gebäudekern so weit wie irgend möglich zu erhalten.

Dieser Kompromissvorschlag würde bedeuten, dass es für die Universität länger dauern würde, bis optimale Arbeitsbedingungen für alle Geistes- und Sozialwissenschaften geschaffen würden. Aber diese könnten so dann doch geschaffen werden und es würden keine Entwicklungen blockiert, insbesondere nicht im Bereich der Bibliothek. Und er würde auch bedeuten, mehr Mittel als aktuell vorgesehen in das GSZ zu investieren. Wir sind zuversichtlich, dass sich diese bessere Lösung für alle rentiert.

Für diesen Ausweg spricht auch, dass in der Debatte um den drängenden Fördermitteltermin noch völlig ausgeblendet wurde, dass für die neuen Landespläne noch gar kein entsprechender Vorlauf existiert. Die neuen Planungen bedeuten weitere Verzögerungen, was das Vorhaben aufgrund der immer kürzer werdenden Frist zum Fördermittelabruf weiter in Gefahr bringt. Im Gegenzug sind die bisherigen Planungen recht weit fortgeschritten, so dass schneller mit einer (teilweisen) Umsetzung begonnen werden könnte.

An dieser Stelle sollte nicht unerwähnt bleiben, dass auch die bisherigen Planungen schon nicht mehr das denkmalpflegerische Optimum darstellen. Auch in diesen Plänen ist der Abriss einzelner Alt-Gebäude vorgesehen. Insgesamt aber deutlich weniger und behutsamer, so dass insgesamt eine noch ausgewogene Lösung für den Gesamtkomplex erreicht werden könnte. Die neueren Landespläne hingegen würden einen Kahlschlag ohnegleichen bedeuten, der in seiner Kurzsichtigkeit nur wenige Beispiele in der Stadtgeschichte kennt.

Abschließend bitten wir daher alle Fraktionen, unserem Vorschlag zu folgen und ein klares Signal der Stadt für optimale Entwicklungsbedingungen der Martin-Luther-Universität zu setzen und auf einer besseren Lösung zu beharren.

Status

in Beratung