Teurer Luxus in Zeiten des Sparens

Schon zu lange wird in der Region Leipzig-Halle die Idee verfolgt, den vor über 90 Jahren begonnenen Saale-Elster-Kanal als wassertouristische Verbindung zwischen Leipzig und der Saale bei Leuna zu Ende zu bauen. Halle beteiligt sich an diesen Planungen und war auch an der teuren, 2012 vorgelegten „Potenzialanalyse“ beteiligt. Zur Fortführung dieses Projekts soll sich aktuell der Leipziger Stadtrat bekennen und dem Vernehmen nach ist dies im  Herbst auch für Halle vorgesehen.

Dabei kommt besagte Studie bei genauem Lesen zu dem Ergebnis, dass eine Fertigstellung des Kanals keine besondere Aufwertung des touristischen Potentials der Region mit sich bringen würde. Die vielen Äcker direkt entlang des Kanalverlaufs zwischen beiden Großstädten sind landschaftlich nur wenig reizvoll. Statt daraus angemessene Schlüsse zu ziehen, wird vielmehr der absurde Vorschlag unterbreitet, dann eben für teures Geld eine künstliche Attraktion zu bauen. Konkret: ein Schiffshebewerk – fast ausschließlich als Selbstzweck. Für eine naturnahe Kanalnutzung würde so ein Werk nicht benötigt, nutzen würde es nur bei einem Ausbau für größere Motorboote und Ausflugsschiffe. Doch die Schiffbarmachung des Kanals für derartige Dimensionen würde Probleme für umliegende Naturschutzgebiete mit sich bringen.

Aber allein auch eine Betrachtung der prognostizierten Kosten von 151 Millionen Euro müsste bei rationalem Herangehen jegliche weitere Debatte beenden. Vergegenwärtigt man sich zudem die üblichen Baukostensteigerungen bei Großprojekten und die Zahl nicht sonderlich erfolgreicher „Wirtschaftsförderungsprojekte“ in unserer Region, so kann man nur fordern, endlich zu verantwortungsvolleren Entscheidungen zu kommen und aus den Fehlern der Vergangenheit zu lernen. Die auszubauende Kanalstrecke und auch der vorgesehen Hebewerk-Standort Wüsteneutzsch liegen in Sachsen-Anhalt, entsprechend müssten das Land  Sachsen-Anhalt und erwartbar auch Halle große Teile der Kosten tragen – unvorstellbar angesichts der aktuellen Kürzungsdebatten, die schmerzhaft tief in die Substanz gehen sollen. Zumal die Wirksamkeit und die erhofften Auslastungszahlen mehr herbeigeschrieben als belegbar erscheinen. Wäre die angedachte Verschwendung öffentlicher Gelder nicht so traurig, so könnte man sich ja immerhin über die schon etwas sehr bemüht entwickelten Nutzungsszenarien wie Einkaufsfahrten nach Günthersdorf via Schiff amüsieren. Als würden Hallenser dann ihren nächsten IKEA-Schrank mit dem Paddelboot abholen wollen.

 

Stellungnahme der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN im Amtsblatt der Stadt Halle vom 12.06.2013 (pdf-Format, 2,2 MB).